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  1. \documentclass[12pt,a4paper]{article}
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  8. \renewcommand{\baselinestretch}{1.15}
  9. \begin{document}
  10. \title{Gute wissenschaftliche Praxis aus der Sicht eines Bachelorstudenten einer interdisziplinären Fachrichtung}
  11. \author{name lastname (Matrikel-Nr.: xxx)\\
  12. Technische Universität Wien\\
  13. A-1040 Wien, Karlsplatz 13\\
  14. Email: email@student.tuwien.ac.at}
  15. \maketitle
  16. \pagebreak
  17. Dieses Dokument wurde verfasst aus der Sicht eines Bachelorstudenten einer interdisziplinären Fachrichtung der Technischen Universität Wien.
  18. Bei der Fachrichtung handelt es sich hierbei um die Fachrichtung Technische Informatik.
  19. Die Informatik allgemein steht heute als eigene Fachrichtung, aber hat vorallem seine theoretischen Wurzeln aus dem Bereich der Mathematik, wie so viele andere Fachrichtungen auch.
  20. Die Technische Informatik sieht vor, dass seine Anhänger neben den heutigen Zuständigkeitsbereichen der Informatik sich auch extensiv mit den Zuständigkeitsbereichen der Elektrotechnik befassen und ist besonders treffend positioniert um alle Aspekte von Computer Systemen zu beinhalten.
  21. Je nachdem ob hier ein starker Fokus auf die eine oder andere Disziplin vorliegt, eine offensichtliche Trennung liegt zum Beispiel vor bei Hardware und Software, befindet man sich in den verschiedenen Teilen der \textit{Scientific Community}, mit all ihren Eigenheiten und Unterschieden zu anderen Teilen der \textit{Scientific Community}.
  22. Für den Zitierstil innerhalb dieses Dokuments halten wir uns an die offiziellen Vorgaben der IEEE, welche die dominante Behörde des Zitierens im Feld der Elektrotechnik, aber auch Informatik und somit insbesondere der Technischen Informatik, darstellt, wobei wir auf diesen Aspekt später näher eingehen werden.
  23. Verfasst wurde dieses Dokument mithilfe von LaTeX mit analogen Einstellungen zu dem angebotenen Word Dokument.
  24. \section{Attribution anderer Arbeiten}
  25. Eine wichtiges Prinzip für wissenschaftliche Arbeiten die sich auf Ideen, Ergebnisse oder sonstige geistige Eigentümer anderer stützen ist eine korrekte und konsistente Attribution anderer Arbeiten.
  26. Wer diese Aussage nicht unterstreichen kann, kann sich über die Wichtigkeit korrekter und konsistenter Attribution anderer Arbeiten in S. Weber \cite{zitieren-sinn} überzeugen.
  27. An vielen Stellen ist es unumgänglich eine andere Arbeit zu attribuieren.
  28. Der Akt der korrekten und konsistenten Attribution hilft hierbei nicht nur dem Autor selbst, um sich zurechtzufinden und seine Quellen zu organisieren, sondern auch primär dem Leser, welcher ohne jene Attribution wenig Hoffnung hätte wichtige Merkmale einer wissenschaftlichen Arbeit nachzuvollziehen, zu überprüfen oder selbst darauf aufzubauen.
  29. Zusätzlich wirkt Attribution um einigen Symptomen wissenschaftlichen Fehlverhaltens vorzubeugen.
  30. Wie einfach ist es die Grundlagen einer guten Praxis für etwas so essentielles in der Zusammenarbeit zahlreicher Forscher, speziell die Attribution anderer Arbeiten, zu erlernen?
  31. Spätestens bei der Verfassung einer Arbeit, wie etwa die Bachelorarbeit oder die Masterarbeit, falls nicht schon früher, findet man sich konfrontiert mit der Frage der guten Praxis und woraus sie besteht.
  32. So wie man der allgemein bekannten und beliebten Goldenen Regel (dem Grundsatz dass andere so zu behandeln seien, wie man selbst von ihnen behandelt werden möchte) entnehmen kann, sollte allgemeines Interesse bestehen, anderen die selben Vorteile zu verschaffen die man selbst genossen hat, wenn man durch die Arbeiten anderer vorangeschritten ist.
  33. Für eine optimale und reibungslose Zusammenarbeit lässt sich argumentieren, dass eine gewisse Einheitlichkeit allen zugute kommt.
  34. Einheitlichkeit würde es erleichtern, das zu interpretieren was ein Autor wirklich beabsichtigt hat zu kommunizieren.
  35. Leider gibt es insofern keine Einheitlichkeit, in dass unterschiedliche Richtlinien, Zitierleitfäden und sonstige im schlimmsten Falle Teilbereich-spezifische Konventionen existieren.
  36. Im Zuge dieser Klausur wird schrittweise vom Allgemeinen ins Spezielle die Grundlage der guten Praxis für den eigenen Fachbereich erarbeitet, für die spezifische Thematik der korrekten und konsistenten Attribution.
  37. \subsection{Rechtliche Grundlage}
  38. Bereits im Universitätsgesetz aus dem Jahre 2002 \cite{ris:ug} wird berichtet, gute wissenschaftliche Praxis bedeute, im Rahmen der Aufgaben und Ziele der jeweiligen Einrichtung die rechtlichen Regelungen, ethischen Normen und den aktuellen Erkenntnisstand des jeweiligen Faches einzuhalten \cite[§ 51 Abs. 2 Z 33 UG]{ris:ug}.
  39. Die erste Konkretisierung dieser Passage findet sich bei der jeweiligen Institution an der man sich befindet, an dieser Stelle innerhalb der Studienrechtlichen Bestimmungen der Technischen Universität Wien.
  40. Diese Bestimmungen sind für alle angehörigen Studierenden festgelegt als Teil einer ausgiebigen Satzung, wobei ein eigener Abschnitt speziell das wissenschaftliche Arbeiten behandelt \cite[p. 21]{tuwien:satzung}.
  41. Ein Kritikpunkt ist das Fehlen eines Leitfadens für Bachelorstudien und die genaue Handhabung einer Bachelorarbeit.
  42. Die Bachelorarbeit ist im Werdegang einer Person die ihre wissenschaftliche Ausbildung durchläuft essentiell und unterliegt praktisch denselben Prinzipien, aber gleichzeitig lässt sich an dieser Stelle nicht genau erkennen an welche Bestimmungen man sich zu halten habe um den Anforderungen des Universitätsgesetzes nachzukommen.
  43. Aus diesem Blickwinkel betrachtet besteht Potenzial für eine unklare Rechtslage.
  44. Wirft man einen weiteren Blick ins Universitätsgesetz 2002, so findet man im 5. Abschnitt lediglich einen Hinweis, bei der Bearbeitung des Themas und der Betreuung der Studierenden seien die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes, \href{https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=BgblAlt&Bgblnummer=111\%2F1936&SkipToDocumentPage=True&ResultFunctionToken=8c87edbe-208e-4486-aa3f-1c252d115868&Dokumentnummer=bgl1936\_0111\_00131}{BGBl. Nr. 111/1936 (hyperlink)}, zu beachten \cite[§ 80 Abs. 5 Z 2 UG]{ris:ug}.
  45. Weiters ist für uns eine weitere Passage aus dem Universitätsgesetz 2002 interessant, weil sie indirekt Konsequenzen definiert für eine unzureichende Attribution anderer Arbeiten, sogar welche Formen einer Arbeit betroffen sind:
  46. \begin{quote}
  47. Ein Plagiat liegt jedenfalls dann vor, wenn Texte, Inhalte oder Ideen übernommen und als eigene ausgegeben werden. Dies umfasst insbesondere die Aneignung und Verwendung von Textpassagen, Theorien, Hypothesen, Erkenntnissen oder Daten durch direkte, paraphrasierte oder übersetzte Übernahme ohne entsprechende Kenntlichmachung und Zitierung der Quelle und der Urheberin oder des Urhebers. \cite[§ 51 Abs. 2 Z 31 UG]{ris:ug}
  48. \label{quote:ug}
  49. \end{quote}
  50. Die rechtliche Grundlage deutet also bereits, eine entsprechende Kenntlichmachung und Zitierung seien unbedingt durchzuführen, aber an dieser Stelle wird leider nicht erwähnt, was eine entsprechende Kenntlichmachung und Zitierung ausmacht.
  51. Die Begriffe Kenntlichmachung und Zitierung kommen nicht wieder vor.
  52. \subsection{Richtlinien}
  53. Ein Student sollte dazu in der Lage sein einen von der Technischen Universität Wien bereitgestellten \textit{Code of Conduct} für wissenschaftliches Arbeiten zu finden \cite{tuwien:coc}.
  54. Das Dokument stellt eine extensive Sammlung einiger Richtlinien und Bestimmungen für allgemeine wissenschaftliche Arbeiten dar.
  55. In diesen Richtlinien lassen sich viele diverse Formen von zu vermeidenden Verhalten finden, an die man sich besser hält.
  56. Mitunter stellt der \textit{Code of Conduct} eine Konkretisierung der Basis welche bereits juristisch und institutionell über die anderen zwei bereits erwähnten Ressourcen, dem Universitätsgesetz 2002 und dem Teil der Satzung der TU Wien, dar.
  57. Auch hier wird explizit erwähnt, die Verletzung geistigen Eigentums sei wissenschaftliches Fehlverhalten \cite[§ 2 Abs. 2]{tuwien:coc}.
  58. Darunter wird weiter unterschieden unter der ``unbefugten Verwertung unter Anmaßung der Autorenschaft (Plagiat)'', ``Ausbeutung von Forschungsansätzen und Ideen, insbesondere als Gutachterin oder Gutachter (Ideendiebstahl)'', ``Anmaßung oder unbegründete Annahme wissenschaftlicher Autoren- oder Mitautorenschaft'', ``Verfälschung des Inhalts'' oder die ``unbefugte Veröffentlichung und das unbefugte Zugänglichmachen gegenüber Dritten, solange das Werk, die Erkenntnis, Hypothese, die Lehre oder der Forschungsansatz noch nicht veröffentlicht ist''.
  59. Einige dieser Punkte geben bereits fast eine Anweisung wie man der Richtlinie genügen könnte, andere sind weniger konkret und eher deklarativ in ihrer Beschreibung der erwünschten Situation.
  60. Viele dieser Punkte können auch in zusammengefasster Form in dem sogenannten \textit{Code of Ethics} \cite{tuwien:code-of-ethics} nachgelesen werden, welcher ebenfalls von der TU Wien, speziell der Abteilung für Informatik, bereitgestellt wird.
  61. \section{Ideendiebstahl}
  62. Ideendiebstahl ist ein interessanter Aspekt, weil immer eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass unabhängig voneinander arbeitende Forscher dieselben Ideen und insbesondere Forschungsansätze verwerten.
  63. Anders als bei einem inhaltlichen Plagiat muss nicht der Inhalt deckungsgleich sein, sondern eher die Vorstufe des Inhalts, die Idee die zum Inhalt geführt hat.
  64. Das Universitätsgesetz 2002 zählt Ideen auf als geistiges Eigentum, welches plagiiert werden kann (wie wir bereits gesehen haben), die Satzung der TU Wien aber erwähnt sie nicht.
  65. Abhängig von dem Forschungsbereich sind gewisse Ideen zumutbar offensichtlich, sodass die Wahrscheinlichkeit dass unterschiedlich arbeitende Forscher zur selben Zeit (zumindest zeitlich vor Veröffentlichung ihrer Ergebnisse) einer Idee mit dem selben Forschungsansatz hinterhergehen nicht verschwindend klein wird.
  66. Um ein fachbezogenes Beispiel zu nennen, es ist jedem technischen Informatiker nach der Ausbildung klar, dass moderne Computer Systeme limitiert sind durch die Einschränkungen von Speichersystemen, in ihrer Geschwindigkeit, ihrem Energieverbrauch und viele weiteren Metriken mit all den Trade-offs die sie mit sich ziehen.
  67. Eine sehr rudimentäre Idee, bereits zahlreich umgesetzt und immer noch ein attraktives Forschungsgebiet, ist eine gängige Prozessorarchitektur zu verbessern indem Speicher anders in das Komplettsystem eingebunden werden.
  68. Dabei sehen auch moderne Prozessorarchitekturen ähnlich aus, was diese Wahrscheinlichkeit weiter erhöht.
  69. Ist die unabhängige Erforschung derselben Idee, vorallem wenn sie umso mehr offensichtlich erscheint abhängig davon was der \textit{State of the Art} ist, zu verfolgen und zu bestrafen?
  70. Eine fair erscheinende Vorangehensweise wäre es, Gutachter einstufen zu lassen, wie offensichtlich eine Idee überhaupt einzustufen ist und anhand dessen im Falle des Falles zu entscheiden, was genau Ideendiebstahl konstituiert.
  71. Wissenschaft soll vermutlich auch eine eher kooperative Tätigkeit darstellen.
  72. Auch wenn an dieser Stelle nicht klar ist, wie sich ein Umgang mit solch einer Situation gesetzlich verankern ließe, ist auf jeden Fall zu bemängeln, dass Ideendiebstahl in solch einem wissenschaftlichen Kontext nicht näher spezifiziert wird.
  73. Um die Dynamik von Ideendiebstahl weiter zu erforschen ist es wertvoll über Instanzen in der Geschichte der Wissenschaft nachzudenken, in denen unterschiedliche Forscher unabhängig und ungefähr zur selben Zeit wissenschaftliche Entdeckungen gemacht haben, ein klassischer Prioritätsstreit.
  74. Interessanterweise beinhaltet keine der drei bereits besprochenen Dokumente wie ein Prioritätsstreit behandelt werden könnte.
  75. Derartige Instanzen existieren für viele Forschungsbereiche, aber insbesondere für den Bereich der Mathematik.
  76. Vielleicht lässt sich mutmaßen, dass Mathematik besonders anfällig für solche Prioritätsstreitigkeiten ist, da Mathematik auch in der Praxis sehr grundlegende und rigorose Arbeit umfasst.
  77. Dabei steht der bisher wissenschaftliche Konsensus mehr oder weniger allen zur Verfügung, vorallem heutzutage ist das Spielfeld vermutlich ebener durch die globale Vernetzung über das Internet.
  78. Der bereits existierende Konsensus ist dann wie ein Werkzeug mit denen sich neue Konstruktionen bauen lassen und das beeinflusst welche Ideen zustande kommen und scheint fast zu leiten, auf welche Ideen Mathematiker als nächstes kommen.
  79. Historisch betrachtet hat es mehrere erbitterte Prioritätsstreitigkeiten gegeben, das Buch ``Great Feuds in Mathematics'' \cite{math-feuds}, geschrieben von Hal Hellman und veröffentlicht im Jahre 2006, geht dabei auf berühmte derartige Ereignisse ein die teilweise sogar schon sehr lange her sind.
  80. Das Buch ist gegliedert in zehn Kapitel, wovon die ersten neun über jeweils einen Prioritätsstreit sind:
  81. ``\textit{Tartaglia versus Cardano - Solving Cubic Equations}'',\hspace{1em} ``\textit{Descartes versus Fermat - Analytic Geometry and Optics}'',\hspace{1em} ``\textit{Newton versus Leibniz - Credit for the Calculus}'',\hspace{1em} ``\textit{Bernoulli versus Bernoulli - Sibling Rivalry of the Highest Order}'',\hspace{1em} ``\textit{Sylvester versus Huxley - Mathematics: Ivory Tower or Real World?}'',\hspace{1em} ``\textit{Kronecker versus Cantor - Mathematical Humbug}'',\hspace{1em} ``\textit{Borel versus Zermelo - The 'Notorious Axiom'}'',\hspace{1em} ``\textit{Poincaré versus Russell - The Logical Foundations of Mathematics}''\hspace{1em} und ``\textit{Hilbert versus Brouwer - Formalism versus Intuitionism}''.
  82. Diese Liste ist auf zahlreiche Arten und Weisen interessant.
  83. Zunächst kommt selbst ein interfamiliärer Prioritätsstreit vor, welcher eine sehr eigenartige und spezielle Situation darstellt.
  84. Erstaunlicherweise beinhalten diese Fälle ein paar wissenschaftliche Erkenntnisse die wirklich revolutionär gewesen sind und in ihrer geschichtlichen Wichtigkeit schwer zu überbieten sind, wie etwa die moderne Basis der mathematischen Analysis wie konzipiert von Newton und Leibniz.
  85. Es ist also klar, dass die Frage der Herkunft einer Idee sehr wesentlich sein kann.
  86. Das zehnte Kapitel in dem Buch von Hal Hellman ist auch instruktiv, aber auf eine andere Art und Weise.
  87. Es trägt den Titel ``\textit{Absolutists/Platonists versus Fallibilists/Constructivists - Are Mathematical Advances Discoveries or Inventions?}''.
  88. In diesem Kapitel wird die tiefgründige philosophische Frage behandelt, ob mathematisches Wissen entdeckt oder erfunden wird.
  89. Beides können wir zusammenfassend betrachten als wissenschaftliche Erkenntnis, aber was ist genau die Dynamik einer Entdeckung gegenüber einer Erfindung?
  90. Es stellt sich nämlich die Frage inwiefern sie sich unterscheiden und ob sie vielleicht aus der Sichtweise der guten wissenschaftlichen Praxis, gesetzlich, per Verordnung oder per Richtlinie, anders behandelt werden sollen.
  91. \section{Plagiat}
  92. Intuitiver ist vielleicht die Schützung geistigen Eigentums der aus tatsächlichem Inhalt besteht, Inhalt welcher sich beispielsweise vergleichen lässt.
  93. In dem \textit{Code of Conduct}, aber auch im Universitätsgesetz 2002, werden Plagiate ausdrücklich erwähnt.
  94. Wie wir in Abschnitt \ref{quote:ug} gesehen haben, versteht das Universitätsgesetz 2002 nebem dem Ideendiebstahl auch das unangemessene Übernehmen von Texten und Inhalten als Plagiat.
  95. Die Satzung der TU Wien inkludiert die im \textit{Code of Conduct} diskutierten Richtlinien indirekt über eine explizite Referenz zum \textit{Code of Conduct}.
  96. Auch hier wird technisch gesehen von der Satzung nur für Masterarbeiten und Dissertationen der \textit{Code of Conduct} referenziert.
  97. Was genau ist überhaupt ein Plagiat?
  98. An mehreren Stellen haben wir bereits notiert dass ein Plagiat strikt abzulehnen sei und Konsequenzen mit sich zieht, aber dafür dass Plagiate so problematisch eingestuft wird überraschend wenig darauf eingegangen was überhaupt ein Plagiat konstituiert.
  99. Ein weiteres Dokument der TU Wien, mit dem Titel ``Leitfaden zum Umgang mit Plagiaten in studentischen Arbeiten an der Technischen Universität Wien'' \cite{tuwien:plagiat} fasst diese Frage ins Auge und kommentiert sogar den Zustand den wir bereits festgestellt haben:
  100. \begin{quote}
  101. Weder im Urheberrechtsgesetz (UrhG) noch im Universitätsgesetz 2002 (UG) findet sich eine Legaldefinition des Begriffess 'Plagiat'. Das Plagiat ist vielmehr das Antonym des korrekten Zitierens. Die Definition eines zulässigen Zitates findet sich in § 46 UrhG, die der Quellenangabe in § 57 UrhG.
  102. Auf Basis dessen und aufgrund des Anspruchs, dass eine wissenschaftliche Arbeit eine eigenständige Leistung wiedergeben soll, liegt ien Plagiat im Hochschulbereich vor allem dann vor, wenn Texte, Inhalte oder Ideen übernommen und als eigene ausgegeben werden.
  103. Dies umfasst insbesondere die Aneignung und Verwendung von Textpassagen, Gedanken, Hypothesen, Erkenntnissen oder Daten durch direkte, paraphrasierte oder übersetzte Übernahme ohne entsprechende Kenntlichmachung und Zitierung der Quelle und der Urheberin/des Urhebers. \cite[Abs. 1]{tuwien:plagiat}
  104. \end{quote}
  105. Interessanterweise findet sich in diesem Dokument wieder, was wir bereits dem Universitätsgesetz 2002 entnommen haben, in erstaunlich übereinstimmender Wortwahl.
  106. Die neuere Version ist dabei das Universitätsgesetz 2002 da es aktualisiert wurde, aber dass diese Legaldefinition im Gesetzestext von einer anderen Stelle übernommen wurde ist nicht zu entnehmen, also bestünde hier eventuell sogar ein Plagiatsverdachtsfall.
  107. Natürlich wäre die Situation nicht ganz die selbe, wenn beide im Wortlaut identische Passagen von derselben Person verfasst wurden, auch wenn das (aus der Sicht des Autors) nicht ganz erkenntlich erscheint.
  108. Ganz am Rande kommentiert stellt sich dadurch auch eine interessante Frage, in welchen Situationen, wenn überhaupt, es unlegitim sei sich selbst zu 'plagiieren'.
  109. Was uns aber schon weiterhilft ist folgendes:
  110. es wird weiter unterschieden zwischen dem ``Vollplagiat'', ``Selbstplagiat'', ``Übersetzungsplagiat'', ``Zitat ohne Beleg'', ``Paraphrasieren'' und ``"Ghostwriting"''.
  111. Jeder dieser Fälle wird näher beschrieben, sodass keine Gefahr herrscht diese zu verwechseln oder gar falsch anzuwenden.
  112. Dieser Leitfaden stellt also für Studierende in jedem Stadium ihres Studiums einen besonders hilfreichen Leitfaden dar um konkret auf Gesetze und Richtlinien einzugehen, da die zentralen Begrifflichkeiten eine Art Struktur erhalten.
  113. Neben den Begrifflichkeiten befasst sich der Leitfaden zusätzlich mit den Fragen, wieviel fremde Hilfe sei erlaubt, wie erkenne und verhindere man Plagiate, wie soll Plagiatssoftware eingesetzt werden, welche Rechtsfolgen ziehe ein Plagiat mit sich, welche urheberrechtliche Folgen gäbe es, wie fahre man vor beim Aufdecken eines Plagiats und was sei eine wissenschaftliche Arbeiten (und auch eine nicht-wissenschaftliche Arbeit).
  114. Das ganze Dokument bietet wirklich eine sehr extensive und hilfreiche Auseinandersetzung mit der Plagiatsthematik, gegenüber dem was wir bis jetzt gesehen haben.
  115. Zugegebenermaßen müsste man diesen Leitfaden auch mit etwas Vorsicht genießen und Quellenkritik betreiben.
  116. Der Zustand, den wir vorher festgestellt haben, könnte darauf deuten dass der Leitfaden ein veraltetes Dokument darstellt und vielleicht in der Zwischenzeit seine Validität verloren hat.
  117. Es stellt sich also heraus dass für eine korrekte Attribution unbedingt kenntlich gemacht werden muss, woher ein gewisser Inhalt tatsächlich stammt.
  118. Diese Inhalte können dabei aus so gut wie Allem bestehen, es scheint als wäre jegliche unfaire Erschleichung einer Leistung als Plagiat abzulehnen, sogar wenn es nur um die Quelle einer Idee oder bestimmten Gedanken geht.
  119. Das würde bedeuten, dass Entscheidende dabei sei jedem Leser klar kenntlich zu machen dass hinter einem gewissen Inhalt überhaupt eine Quelle existiere, welcher Inhalt damit zu assoziieren sei, zu welchem Ausmaß der Inhalt inspiriert ist und wo genau diese Quelle überhaupt aufzufinden sei.
  120. \section{Zitierstile und IEEE}
  121. Das Problem der korrekten Attribution hat mehrere Aspekte, die sich ihr im Weg stellen.
  122. Zunächst haben wir viele Formen eines Inhaltes gesehen, die korrekt zu attribuieren sind, wovon jede dieser Formen seine eigenen Regeln haben kann.
  123. Speziell aus der Sicht eines Informatikers ist es in Kreisen die sich fast ausschließlich mit der technischen Seite der Materie befassen unüblich Gesetzestexte zu ziteren.
  124. Trotzdem müssen Gesetzestexte, wenn der Fall aufkommt, entsprechend den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis in dem Bereich aus dem sie kommen zitiert werden.
  125. Im Kontrast dazu stehen andere Inhalte die anders referenziert werden würden, wie etwa eine entsprechend nummerierte mathematische Gleichung.
  126. Reicht es hier die Seite anzugeben, wählt man den genauen Paragraph, oder die Nummer?
  127. Und welche Auflösung ist überhaupt für ein Zitat notwendig, muss wirklich eine so exakt wie mögliche Angabe gemacht werden oder reicht es hier, eine grobe Position anzugeben und dem Leser anzuvertrauen, sich mit der Materie bekannt zu machen?
  128. Entsprechend der Erwartungshaltung eines Lesers können hier die Antworten auf diese Fragen anders aussehen.
  129. Ein vermutlich ausschlaggebender Faktor ist der genaue Fachbereich eines Lesers, denn es ist zu erwarten, dass ein Leser sich primär mit dem Fachbereich seines Interesses befasst und die \textit{lege artis} Zitierpraxis aus diesem Fachbereich gewohnt ist.
  130. Es lässt sich argumentieren, dass der beste Zitierstil derjenige ist, der vom Leser erwartet wird und sofort und ohne zusätzlichen kognitiven Aufwand im Leseprozess erfasst werden kann.
  131. Im Fachbereich der Elektrotechnik und Informatik ist es etwa üblich, einen von IEEE \cite{web:ieee} festgelegten Zitierstil zu verwenden und es existieren mehrere Leitfäden wie man seine wissenschaftliche Dokumente anpasst um sie diesem Zitierstil entsprechend konform zu machen.
  132. Sie ist neben der Elektrotechnik auch in der Informatik zu finden, weil historisch der Fachbereich der Informatik eine Abstammung der Elektrotechnik (aber auch Mathematik) ist.
  133. All diese Bereiche sind prägsam für den spezifischeren Bereich der Technischen Informatik.
  134. In diesen Kreisen hat sich etwa eingebürgert andere Arbeiten nur mithilfe einer fortlaufenden Nummer zu referenzieren, wobei diese Nummer einen Eintrag in der Literatursammlung indexiert.
  135. Diese Referenzen können im Fließtext genannt werden und grammatisch können sie wie Hauptwörter verwendet werden, wie in \cite[Sec. I]{ieee:reference-guide} nachzulesen werden kann (dabei illustriert auch gleich dieses Zitat eine derartige Verwendung).
  136. Allein für den IEEE Zitierstil, wie er in dem \textit{Reference Guide} aus \cite{ieee:reference-guide} näher spezifiziert wird, wird unterschieden zwischen den unterschiedlichsten Formen von Medien.
  137. Unterschiedliche Medien tragen nunmal unterschiedliche Parameter oder Metadaten die bei einer Quellenangabe wichtig sind, also unterscheiden sich auch ihre Formen der Quellenangabe.
  138. Dabei geht dieser \textit{Reference Guide} näher auf ``\textit{Books}'', ``\textit{Conference Papers}'', ``\textit{Courses}'', ``\textit{Datasets}'', ``\textit{Handbooks}'', ``\textit{Lectures}'', ``\textit{Manuals}'', ``\textit{Online Videos}'', ``\textit{Patents}'', ``\textit{Periodicals}'', ``\textit{Reports}'', ``\textit{Standards}'', ``\textit{Theses},'' ``\textit{U.S. Government Documents}'', ``\textit{Unpublished Works}'' und ``\textit{Websites}'' ein.
  139. Die Quellenangabe folgt einem äußert intuitiven System, in dem die fortlaufenden Nummern auf das Literaturverzeichnis verweisen, wobei im Literaturverzeichnis mit zureichender Verbosität Publikationsart, Herkunft, Erscheinungsdatum, Autoren, Organisationen, Herausgeber, Ort, URL und viele weitere Parameter oder Metadaten angeboten werden.
  140. Wenn bereits ein einzelner, für einen Fachbereich spezifischer Zitierstil so eine Komplexität und Liebe zum Detail aufweist, dann kann man sich nur vorstellen wie viel Komplexität alle existierenden Zitierstile aller Fachbereiche insgesamt aufweisen.
  141. Dieser unglaublichen Komplexität wirken aber auch andere Kräfte entgegen, wie an dieser Stelle einzugestehen ist.
  142. Der bereits erwähnte \textit{Reference Guide} nimmt die Position einer Spezifikation ein und hat, wie so viele andere Dokumente der Organisation auch, einen standardisierenden Charakter.
  143. Zusammenfassungen die den Inhalt verdaulicher gestalten werden ebenso angeboten, nämlich kann man über die Funktionsweise des IEEE Zitierstils auch schlau werden, indem man auf die IEEE \textit{Citation Guidelines} \cite{ieee:citation-guidelines} von IEEEDataPort \cite{web:ieeedataport} zurückgreift.
  144. Interessanterweise ist IEEEDataPort nicht nur der Herausgeber dieser nützlichen Zusammenfassung, sondern zugleich eine ``einfach zu nutzende, global zugängliche Datenplattform entwickelt und angeboten von dem IEEE, welches Forschern, Datenanalysten und der globalen technischen Gemeinschaft signifikante Vorteile bietet'' \cite{web:ieeedataport}.
  145. Die Attribution entsprechend des durch IEEE festgelegten Schemas hat also auch das Potenzial, eine automatische Weiterverarbeitung von Quellenangaben zu ermöglichen, welche dann in einer Plattform die es erleichtern soll andere Arbeiten korrekt zu attribuieren enkapsuliert werden können.
  146. Ein weiterer interessanter Aspekt der Standardisierung von Quellenverweisen ist es, dass neben der Erleichterung der Arbeit eines Lesers, auch dem Verfasser wissenschaftlicher Arbeiten selbst Hilfe geboten wird.
  147. In diesem Fachbereich ist es üblich seine wissenschaftliche Arbeiten mithilfe von LaTeX zu verfassen.
  148. Wenn es bereits einen Standard für Quellenverweise gibt, ist es nicht weit hergeholt gleich das Verweisen auf Quellen entsprechend dieses Standards systematisch zu erleichtern.
  149. Etwa auf Konferenzen müssen unterschiedliche Forscher oder Gruppen an Forschern Ihre Arbeiten einsenden und damit die auf einer Konferenz vorgestellten Arbeiten kohärent zusammenpassen, ist es ratsam sich an eine genaue Stilvorgabe zu halten.
  150. Daher werden für Konferenzen ganze LaTeX Dokumentvorlagen angeboten, dessen resultierende Dokumente sich gleich leicht und passend einbinden lassen.
  151. Auch für den IEEE Zitierstil existiert entsprechendes Tooling, um eine konforme Literatursammlung zu generieren.
  152. Speziell für die Literatursammlung kann auf M. Shell \cite{ieee:ieeetran-bib-howto} zurückgegriffen werden, um nachzulesen wie die offizielle Vorlage \textit{IEEEtran BibTeX Style} verwendet und eingebettet werden kann.
  153. Für Konferenzen und sonstige wissenschaftliche Veröffentlichungen existiert auch eine allgemeine Dokumentvorlage, auch von M. Shell \cite{ieee:ieeetran-howto}, sowie eine Anleitung in der die korrekte Verwendung der offiziellen Vorlage \textit{IEEEtran LaTeX Class} beschrieben wird.
  154. LaTeX selbst scheint die ganze Problematik uneinheitlicher Quellenangaben reduziert zu haben, da mithilfe dieser Vorlagen bereits viel Einheitlichkeit bezweckt wird.
  155. Zudem existieren umfassende Datenbanken IEEE relevanter Arbeiten auf der alle Metadaten entnommen werden können, um unproblematisch einen guten Quellenverweis zu erstellen.
  156. IEEE Xplore \cite{web:ieeexplore} zum Beispiel, bietet eine umfassende Suche für über 5 Millionen Artikel an.
  157. Außerdem kann auf IEEE Xplore mithilfe einer einfach zu benutzenden Funktion ein korrektes und konformes Zitat generiert werden, entweder als Klartext oder als BibTeX Eintrag welcher im Anschluss korrekt und konform als Klartext angezeit wird.
  158. Solch umfassendes Tooling hat die Aufgabe eines Wissenschaftlers, Attributionen in seine Arbeit einzubinden und andere Quellen kenntlich zu machen, auf jeden Fall erleichtert.
  159. Womöglich lässt sich argumentieren, je einfacher es wird, auf Attribution Rücksicht zu nehmen, umso glaubwürdiger wird auch eine Vermutung der mutmaßlichen Beabsichtigung eines Autors sich dieser Pflicht zu entziehen, in jenen Fällen in denen er es nicht tut.
  160. \section{Conclusio}
  161. Angesehen haben wir uns welche rechtliche Grundlage für die Praxis der Attribution anderer Arbeiten existiert.
  162. Wir haben leider auch festgestellt, dass von der gesetzlichen Seite nicht ganz klar sein könnte, was diese Praxis genau umfasst, allerdings ist uns später auch klar geworden dass aufgrund der Vielfalt die durch die zahlreichen Fachbereiche entsteht die beste Praxis entsprechend anders aussehen könnte.
  163. Neben der allgemeinen gesetzlichen Grundlage haben wir uns auch studienrechtliche Bestimmungen angesehen, um von der eher allgemeineren rechtlichen Grundlage auf die bereits detailliertere aber auch lokalere Beschreibung der studienrechtlichen Bestimmungen der TU Wien in der Form einer Satzung überzugehen.
  164. Anschließend sind wir noch tiefer gegangen und haben die Essenz des ebenfalls von der TU Wien bereitgestellten \textit{Code of Conduct} extrahiert.
  165. Dabei haben wir interessante Details hervorgehoben, aber auch das Fehlen anderer interessanter Details notiert.
  166. Von dieser Grundlage sind wir übergegangen in eine Diskussion zwei verwandter Konzepte, Ideendiebstahl und Plagiate.
  167. Betrachtet haben wir die Bedeutung, Formen, auch interessante Merkmale und teilweise historischer Kontext dieser zwei Formen der Missattribution.
  168. Zu guter letzt haben wir betrachtet, wie wichtig Zitierstile sind und welche Problemstellungen auftreten können, in einer unglaublichen Vielfalt an Medien und auch Fachbereiche in denen diese Medien relevant werden.
  169. Dann haben wir uns fixiert auf ein sehr konkretes Beispiel und uns den IEEE Zitierstil, welcher ein \textit{de facto} Standard in unserem Feld darstellt, angesehen.
  170. Anhand dieses Zitierstils haben wir uns moderne Problemstellungen und dessen innovative Lösungen und darauf bezogene \textit{lege artis} Praktiken angesehen.
  171. Unsere Schlussfolgerung kann nur lauten, es gibt wirklich viele Details zum Beachten bei der Attribution anderer Arbeiten und Missattribution kann auf zahlreiche Wege hervorgerufen werden.
  172. Aber mithilfe einer Einschränkung auf einen Fachbereich und den Werkzeugen die ihm zugehörig sind ist es uns möglich einen großen Teil dieser Komplexität zu zähmen und die eigene Attribution anderer Arbeiten so zu gestalten, dass sie mit jenen anderer Forscher harmonisieren.
  173. \pagebreak
  174. \bibliographystyle{deIEEEtran}
  175. \bibliography{report}
  176. \end{document}